Anaphylaxie

Unter Anaphylaxie versteht man eine akute systemische Reaktion mit Symptomen einer allergischen Sofortreaktion, die den ganzen Organismus erfassen kann und potenziell lebensbedrohlich ist.

Auslöser sind eine Vielzahl von Stoffen, z.B.: Pollen, Medikamente, Insekten- und Schlangengifte, Impfstoffe und Nahrungsmittel. In ca. 25% der Erkrankung ist kein Trigger zu finden.

Klinik

  • Respirationstrakt: Heiserkeit, Schwellung von Lippen / Zunge / Uvula, Stridor, Dyspnoe, Bronchospastik, Lungenödem, Hypoxämie, Atemstillstand
  • Hämodynamik: Tachykardie / Arrhythmien, Hypotonie, periphere Vasodilatation, Schock
  • Zerebrum: Schwindel, Verwirrtheit, Bewusstseinseinschränkung, Synkope, Krampfanfall (als Zeichen der verminderten Organperfusion)
  • Gastrointestinaltrakt:Koliken, Erbrechen, Diarrhoe
  • Haut(ca. 90%): Urtikaria, Pruritus, Flush, Erythem, Angioödem

Allgemeine Maßnahmen

  • Bei (potentiell) kritischen ABCDE-Problemen sofort Adrenalin pur i.m. (alle 5 – 10 Minuten)
    • < 6 Jahre: 150 μg (0,15 ml)
    • 6 – 12 Jahre: 300 μg (0,3 ml)
    • > 12 Jahre u. Erwachsene: 500 μg (0,5 ml)

Punktionsort: M. vastus lateralis (= mittlerer anterolateraler Oberschenkel);
alternativ: M. deltoideus

  • Auslöser suchen und, wenn möglich, Kontakt zur auslösenden Noxe unterbrechen
  • weiteres Vorgehen nach ABCDE (inkl. Monitoring von RR, Pulsoxymetrie, EKG)
  • Lagerung nach Zustand: z.B. Oberkörper-Hochlagerung bei Atemnot, Schocklagerung bei Hypotonie
  • immer Glukokortikoid i.v. (z.B. Prednisolon 1-2 mg / kg), ggf. ergänzen durch H1-Antagonisten
  • symptomorientiert zusätzlich Flüssigkeitstherapie (Kristalloide): Erwachsene: 500 – 1000 ml, Kinder: 20 ml / kg KG, ggf. wiederholen
  • Adrenalin per inhalationem / i.v.
  • Überwachung: Kliniküberwachung anstreben, auch bei Therapieerfolg (in 10-20% biphasische Reaktion)

Adrenalin ist das wichtigste Medikament zur Behandlung der schweren anaphylaktischen Reaktion (Mastzell-stabilisierende Wirkung). Die intramuskuläre Adrenalin-Applikation ist der intravenösen vorzuziehen. Durch die sukzessive Freisetzung des Wirkstoffs über einen längeren Zeitraum aus dem intramuskulären Depot treten unerwünschte Nebenwirkungen deutlich seltener und schwächer auf.

Bei sicher liegendem venösen Zugang kann durch den darin erfahrenen Anwender die Adrenalingabe auch titrierend i.v. erfolgen. Das Legen eines venösen Zugangs darf die Adrenalingabe nicht verzögern.

Beachte

Pat. mit Beta-Blocker-, ACE-Hemmer- oder trizyklischer Antidepressiva-Therapie sprechen auf Katecholamine vermindert an. Bei fehlender Besserung denke an hereditäres / erworbenes Angioödem. Angioödem und drohender Atemwegsverlegung: Therapieversuch mit Tranexamsäure (0,5 – 1 g).

Nota bene: i.m.-Applikation mittels Feindosierspritze ohne Totraum (1 ml) oder Fertigspritze.

12/2020