Notarztindikationskatalog

Der Notarztindikationskatalog (NAIK) fasst die Indikationen für den Einsatz des Notarztes (NA) zusammen. Er stellt eine grundsätzliche Vorgabe für den Disponenten in der Leitstelle dar. Unabhängig von den Regelungen des Notarztindikationskataloges steht es jedem Disponenten frei, nach eigenem Ermessen bei Situationen oder Befunden, die sich nicht eindeutig in die genannten Kriterien einordnen lassen, einen Notarzt einzusetzen, wenn eine akute Gefahr für das Leben oder die Gesundheit vermutet wird. In jedem Fall sind regionale Vorgaben des Trägers bzw. des zuständigen ÄLRD zu beachten.

Der NAIK ist bisher in keiner Untersuchung validiert. Alle bisherigen Vorgaben sind aus Expertenempfehlungen entstanden, eine Validierung des NAIK durch entsprechende Untersuchungen ist erforderlich. Bis eine Validierung vorliegt, kann eine bundesweit geeinigte Expertenempfehlung ein sinnvolles Instrument zur fachgerechten Entsendung durch die Rettungsleitstellen (RLST) darstellen. Sie kann entsprechend der regional unterschiedlichen Bedingungen im Rettungsdienst durch den jeweils zuständigen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) modifiziert werden. Hier sind die Empfehlungen aus Sicht der AGNN zusammengefasst:

Die Auswahl des geeigneten Rettungsmittels und damit auch des Notarztes erfolgt stets anhand der vom Disponenten ermittelten medizinischen Lage als Resultat einer strukturierten Notrufabfrage, bzw. einer konkret notfallbezogenen Indikation. Zur Ermittlung der Einsatzindikation sind standardisierte Basis-Fragen einzusetzen, die grundsätzlich mindestens folgende Parameter abdecken müssen:

Notarztindikationskatalog

Die Indikationen für den Einsatz des Notarztes werden in zwei Kategorien eingeteilt:

1. Patientenzustand- bzw. Symptombezogen
wenn eine Vitalfunktion gestört ist, fehlt oder ein Anhalt für eine sonstige schwere Schädigung vorliegt:

Bewusstsein
→  fehlende Reaktion auf Ansprache und Rütteln / Schmerzreiz
→  neu aufgetretene Bewusstseinstrübung / Sprachstörung

Atmung
→  akute oder zunehmende Atemnot
→  Blaufärbung (Zyanose) der Lippen oder der Haut
→  fehlende  Brustkorb-Bewegungen  (Atemstillstand),  nicht  normale Atmung

Kreislauf
→  akuter Brustschmerz

2. Notfall- bzw. Ereignisbezogene Indikationen
bei zu erwartender schwerer Schädigung bei folgenden Indikationen unverzüglicher Einsatz:

  • Akutes Koronarsyndrom
  • Schwere Blutdruckentgleisung (systolisch > 220 mmHg in Verbindung mit weiterer Symptomatik z.B.: Luftnot/Brustschmerz)
  • Anhaltender generalisierter Krampfanfall
  • Vergiftungen mit klinischer Symptomatik
    z. B. mit Zyanose, Dyspnoe, Hypotonie, Bewusstseinstrübung
  • Starker akuter Schmerzzustand
    Schmerzen der Stärke 5 oder mehr auf der Numerischen Rating-Skala (0 – 10)
  • Schweres allergisches Ereignis (z. mit Zyanose, Dyspnoe, Stridor, Hypotonie, Bewusstseinstrübung, schnell zunehmende Symptomatik)
  • Kindernotfall mit der zu erwartenden Notwendigkeit einer ärztlichen Intervention
  • Unmittelbar einsetzende bzw. stattgefundene Geburt
  • Starke Blutung nach innen oder außen
  • Schwere Verletzung
  • Schwerer Verkehrsunfall mit Hinweis auf Personenschaden
  • Brände mit Hinweis auf Personenbeteiligung
  • Explosions-, thermische oder chemische Unfälle mit Hinweis auf Personenbeteiligung
  • Stromunfall mit klinischer Symptomatik
  • Wasserunfälle (Ertrinkungsunfall, Eis-Einbruch)
  • Einklemmung oder Verschüttung von Personen
  • Sturz aus großer Höhe (> 3 m)
  • Schuss-, Stich- und Hiebverletzungen im Kopf-Hals-Rumpfbereich
  • Manifeste / drohende Gefährdung von Menschenleben (Geiselnahme, Amoklage, Bombendrohung…)
  • Unmittelbar drohender Suizid

02/2017