Schwangerschaft / Geburt

Jede erkrankte, verletzte oder an einem Unfall beteiligte Schwangere sollte zeitnah in das nächstgelegene geeignete Krankenhaus mit einer geburtshilflichen Abteilung transportiert werden. Die Patientin sollte notärztlich telefonisch angemeldet werden, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Fachdisziplinen in der ZNA/Kreißsaal bereitstehen. Vor dieser telefonischen Anmeldung sollte die Anamnese wie folgt aufgenommen werden.

Anamnese

  • Mutterpass sichten und mitnehmen (Wann ist der errechnete Termin, welche SSW liegt vor?)
  • Gibt es relevante Vorerkrankungen, auch Frühgeburten?
  • Gibt es Besonderheiten in der jetzigen Schwangerschaft, z.B. besondere Kindslage, Placenta praevia, Mehrlingsschwangerschaft?
  • Das wievielte Kind kommt?

Transport in die Klinik

Der Transport einer Schwangeren erfolgt immer in leichter Linksseitenlage mit leicht erhöht gelagertem Becken, um ein Vena-cava-Kompressionssyndrom zu vermeiden.

Stay and play

Gründe gegen einen sofortigen Transport sind imperative Behandlungssituationen, die sich aus akuten Erkrankungen oder Verletzungen ergeben sowie eine bereits begonnene Geburt. Eine Geburt hat begonnen, wenn die Vulva/der Anus klafft, sich der Kindskopf bereits zeigt und die Schwangere einen nicht unterdrückbaren Presszwang hat. Keine vaginale Tastuntersuchung durchführen.

Geburt

Gebärstube bzw. RTW aufheizen. Lagerung der Schwangeren in Steinschnittlage mit erhöhtem Oberkörper und unter Vermeidung einer Hyperlordose. Anlage eines venösen Zugangs, Abnabelungsset, warme Tücher bereitlegen.

  • Normalerweise kommt das Kind von ganz alleine
  • Beim sog. Durchschneiden des vorangehenden Kindsteils und maximaler Anspannung des Dammes manuelles Bremsen der Austrittsgeschwindigkeit des kindlichen Kopfes
  • Zunächst Entwicklung der vorderen, dann der hinteren Schulter
  • Keinerlei Zug an kindlichen Körperteilen
  • Lagerung des Kindes nicht über der Herzhöhe der Mutter. Zeitnahes Abnabeln des Kindes 15 cm vom Nabel des Kindes entfernt mittels 2 Klemmen und einer Schere

Neugeborenenversorgung

Kind warmhalten, absaugen nur bei verlegtem Atemweg (Orosauger), Lagerung auf dem Oberkörper der wärmenden Mutter und zusätzlich warm zudecken und an die Brust anlegen (siehe Neugeborenenerstversorgung und -reanimation, ggf. weitere Kräfte nachfordern).

Versorgung der Mutter

Den Abgang der Plazenta nicht abwarten. Nicht an der Nabelschnur ziehen. Gabe von 3 I.E. Oxytocin. Bei Anzeichen einer Uterusblutung bei noch in situ befindlicher Plazenta Volumenersatz beginnen und raschen Transport in die Klinik anstreben. Die Behandlung mit 3 I.E. Oxytocin i.v. nach 10 Minuten wiederholen bzw. Telefonkontakt mit der Geburtsklinik während der Fahrt aufnehmen.

Tokolyse

Eine Tokolysebehandlung gehört in die Hand eines erfahrenen Geburtshelfers. Sie kann atone Nachblutungen verursachen oder eine schon laufende Geburt unnötig verzögern. Bei einem Nabelschnurvorfall stellt die medikamentöse tokolytische Therapie zusammen mit einer Beckenhochlagerung sowie dem manuellen Hochschieben des vorangehenden Kindsteiles und am besten in telemedizinischer Rücksprache mit der geburtshilflichen Klinik eine Ausnahmetherapie dar.

  • Fenoterol 10 – 25 µg i.v. als Bolus (Beachte verschiedene Konzentrationen: z.B. 0,5 mg Fenoterol = 10 ml – davon 2 ml auf 10 ml verdünnen, von dieser verdünnten Lösung ca. 2 ml = 20 µg geben) oder 60 – 160 µg/h als Dauertokolyse über Spritzenpumpe

Ggf. Fenoterolbromid-Spray (inhalativ 0,6 – 1,0 mg, 6 – 10 Hübe, ggf. Wiederholung nach 5 – 10 min), eingeschränkte Wirkung.

03/2022