Amputationsverletzungen

Grundsätzlich gilt: „life before limb“  –  Traumamanagement ist Zeitmanagement
(siehe Algorithmus Traumaversorgung)

Amputationsverletzungen können grundsätzlich durch die entstehende Blutung lebensbedrohlich werden. Häufig werden zusätzlich bestehende erhebliche Begleitverletzungen (Thoraxtrauma, Abdominaltrauma, Beckenfraktur) unterschätzt oder gar nicht erkannt.

Alle Maßnahmen müssen durch den Notarzt zeitlich straff organisiert werden, damit eine schnellstmögliche definitive Versorgung in der geeigneten Zielklinik erreicht werden kann.

Notwendige Maßnahmen bei Amputationsverletzungen

  1. Rettung aus dem Gefahrenbereich
  1. Blutstillung
  • Digitale Kompression (sterile Handschuhe) / Tamponade / Druckverband anlegen
  • Keine Klemmen setzen (unkontrollierte Gewebeschäden, iatrogene Verletzungen) (Gefäße retrahieren sich)
  • Tourniquets nur bei Versagen der direkten Kompression oder in Situationen, die ein schnelles Vorgehen erfordern (Umgebungsgefährdung – z. B. Amoklage, oder dringende „treat and run“ Situation), einsetzen. Der Zeitpunkt der Tourniquetanlage ist zu dokumentieren und bei der Übergabe anzugeben. Möglichst früh Umwandlung in eine direkte Kompression.
  1. Suffiziente Analgesie
  1. Erweiterte Untersuchung – Cranio-caudaler Check
  • Suche nach Begleitverletzungen, die durch die augenscheinliche Verletzung optisch in den Hintergrund treten, den Patienten aber vital gefährden (Thoraxtrauma, etc.)
  1. Achsengerechte Lagerung von subtotalen Amputationsverletzungen und Immobilisation
  1. Bei vollständiger Amputation: Amputat suchen (Delegation) und sichern
  1. Amputatversorgung kühl und feucht (keinesfalls nass!), Replantatbeutelsysteme
  • Amputat mit sterilen Kompressen versehen, Vermeidung des direkten Kontaktes zur Kältequelle
  • Einpacken in sterilen Beutel, verschließen
  • Diesen inneren Beutel in einen weiteren Beutel legen
  • Äußeren Beutel mit kaltem Wasser füllen.

Klinikauswahl:

  • Bei vitaler Gefährdung: nächstgelegene chirurgische Klinik
  • Bei isolierter Amputationsverletzung ohne vitale Gefährdung: Replantationszentrum anstreben

02/2022